Aktualisiert am 27. Januar 2023 von Ömer Bekar
Vorbestraft als Verkäufer arbeiten, geht das? Schnell kommt die Antwort, die mit Sicherheit auch von Dir stammen kann. Keine Vorstrafe kann verallgemeinert für den Charakter von Menschen stehen. Es muss unterschieden werden zwischen schweren und leichten Straftaten. Schließlich ist ein Zusammenhang mit dem Beruf hergestellt werden. Dies Aspekte und weitere wollen wir hier behandeln, um zum Schluss zu einem Bewerbungsschreiben zu kommen, das beispielgebend für vorbestrafte Verkäufer gelten kann. Es rechtliche, charakterliche und praktische Seiten dieser Bewerbungen durchexerziert.
►Musterbewerbung als Verkäufer mit Vorstrafe
Sehr geehrter Herr ___,
heute bewerbe ich mich aus einer gesicherten Stellung als Verkäufer bei Ihnen, nachdem ich mich bereits im Vorfeld mit Ihnen kurz in Ihrem Geschäft besprechen durfte. Wie bereits angesprochen wird in meinem polizeilichen Führungszeugnis eine Vorstrafe wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und Körperverletzung als Unfallfolge stehen.
Diese Tat liegt zwei Jahre zurück. In der Zwischenzeit habe ich mich redlich um die Genesung der verletzten Personen gekümmert, die mit mir Im Fahrzeug saßen. So sind wir auch heute noch befreundet geblieben. Ebenso hat mir der Richter eine gute Prognose mit auf den Weg gegeben, die ich bestätigt habe, wie mir Freunde und Kollegen bescheinigen.
Mein Engagement, meine Sorgfalt und Wille zur Fortbildung haben dadurch nicht gelitten. Unterstützung fand ich durch die Inhaber, die meine Einsatzfreunde durch Fortbildungen in der Vertriebsförderung und Sortimentsgestaltung unterstützt haben.
Dennoch belastet mich noch heute, dass ich täglich mit einigen der Opfer des Umfalls zusammenarbeite, wenn diese mir auch nur eine Mitschuld geben und sich selbst beschuldigen.
Ich möchte mich nun beruflich von dieser Last befreien, um frei zu sein, meinen geliebten Beruf noch besser ausüben zu können. Sie haben mir Verständnis und Unterstützung angedeutet, wofür ich sehr dankbar bin. Diesen Vertrauensvorschuss möchte ich mehr als zurückzahlen und Ihr Team mit meinen Fähigkeiten fest und dauerhaft bereichern. Mein bisheriger Arbeitgeber unterstützt meinen Schritt, bedauert allerdings, mich zu verlieren. Gerne steht er für Sie für Nachfragen bereit, wozu ich Sie ermuntern möchte.
Für eine Einladung zu einem intensiveren Vorstellungsgespräch bin ich sofort und zu jedem Zeitpunkt bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Dürfen Personaler nach Vorstrafen fragen?
Im Lebenslauf werden Vorstrafen nicht immer eingetragen sein. Dies gilt ebenso für andere persönliche Begebenheiten, die sich nachteilig in Bewerbungen auswirken können. Direkt danach zu fragen ist gesetzlich nicht erlaubt. Dies gilt für einige Punkte und für den Bewerbungsbrief wie das Vorstellungsgespräch. Die wichtigsten nicht genehmigten Fragen sind:
- Haben sie Vorstrafen?
- Sind sie schwanger?
- Sind Sie Mitglied einer Gewerkschaft?
- Gehören sie einer Partei an, wenn ja welcher?
- Planen sie Nachwuchs?
- Hatte sie ernsthafte Krankheiten?
Eine Antwort auf nicht gestellte Fragen, die nicht erlaubt sind, können Unternehmen dennoch erhalten. Sie werden den indirekten Weg gehen. Bezogen auf Vorstrafen kann sehr einfach und erlaubt die Vorlage eines aktuellen polizeilichen Führungszeugnisses verlangt werden. Das kann auch nachträglich zur Bedingung gemacht werden und geschieht, wenn Bewerber sich verdächtig gemacht haben, aber als geeignet für die Stelle eingestuft werden.
Sind alle Vorstrafen relevant in allen Bewerbungen?
Diese Frage kann eindeutig mit nein beantwortet werden. Ausnahmen müssen für sehr schwere Verbrechen gelten wie schwerer Raub, Mord, ständig wiederholte Körperverletzung usw. Für alle anderen Straftaten gilt, dass der Bezug zur Stelle hergestellt werden muss, um eine Entscheidung zu treffen.
Die entscheidende Frage lautet: Ist die konkrete Vorstrafe in der Stelle relevant und kann für die Firma zum Nachteil werden? Zum Beispiel werden Bewerber ausgeschlossen, wenn
- sie sich als Betrüger, Dieb oder Räuber für eine Stelle bewerben, bei der eine Kasse zu bedienen ist. Dies gilt für Verkäufer, Bankkaufleute, Buchhalter, Finanzdienstleister etc.
- Verurteilte Pädophile und Täter wegen Köperverletzungen können nicht Erzieher werden.
- Urkundefälschungen und Betrügereien sind etwa für Bürokaufleute nicht möglich.
Wenn Du Dich als Verkäufer bewirbst, müssen Vorstrafen wie Diebstahl, Raub, Betrug mit Vermögenswerten, Einbruchsdelikte und ähnliche angegeben werden.
Welche Vorstrafen dürfen verschwiegen werden?
Hier beziehen wir uns ausschließlich auf den Beruf Verkäufer.
- Führerscheinentzug zusammen mit Alkoholfahrten oder Fahrten unter Drogeneinfluss, solange keine Sucht besteht.
- Einmalige Köperverletzung, die aus einer Situation entstammte, die als einmalig zu sehen ist.
Was geschieht, wenn eine Vorstrafe herauskommt?
Wenn es sich um für den Beruf schwerwiegende Taten handelt, ist eine fristlose Kündigung später gerechtfertigt. Zusätzlich können Arbeitgeber Schadensersatz geltend machen. Dies gilt für Strafen, welche durch ein Gerichtsurteil aktenkundig sind. In schwebenden Verfahren gilt jeder Angeklagte bis zur Urteilsverkündigung als unschuldig, muss also in seiner Bewerbung hierzu keine Angaben machen.
Wie kann eine geheim gehaltene Vorstrafe herauskommen?
Der einfachste Fall ist, dass Personaler Bekannte von Dir kennen und einen Tipp erhalten. Sehr informativ sind auch die sozialen Netzwerke im Internet, die vom Personaler fast immer überprüft werden, bevor sie zu einer Vorstellung einladen. Außerdem wird im Zweifel ein Führungszeugnis verlangt.
Vorstrafen und persönliche Fähigkeiten
Im Bewerbungsbrief bist Du gehalten, fokussiert auf Deine Person einzugehen. Du sollst über Stärken, Eigenschaften und Interessen im Zusammenhang mit den fachlichen Anforderungen berichten. Bezüglich etwaiger Vorstrafen darf keine verurteile Tat folgende Fähigkeiten als Verkäufer entgegenstehen.
- Freundlich im Kundengespräch bleiben, auch wenn Kunden schwierig sind.
- Bei Reklamationen sachlich und Freundlich sein und mit Kritik umgehen können.
- Sorgfalt und Zuverlässig mit der Kasse umgehen und immer exakt bleiben.
- Im Team Konflikte ruhig durchstehen können.
- Unter Zeitdruck und Kritik selbstbewusst und freundlich bleiben.
- Sprachlich sachlich, zugewandt und freundlich bleiben können.
- Eine ausgewogene und ruhige Köpersprache beherrschen.
- Mimik und Gestik bleiben im Kundenkontakt stabil ruhig.
- Die Konzentration kann gehalten werden, auch wenn der Arbeitstag lang und hektisch ist.
- Ein gutes Einfühlungsvermögen kann Aversionen vertreiben.
Wie soll die Vorstrafe erläutert werden?
Im Bewerbungsschreiben gilt es, kurz zu schreiben, um nicht langweilig zu wirken. Diesen Grundsatz behalte auch bei, wenn Du über Deine Vorstrafen schreibst. Nenne die Tat mit einem passenden aber nicht zu negativen Begriff und gib an, zu welcher Zeit und unter welchen Umständen sie geschah. Hänge immer an, dass Du Dir selbst und auch die Behörden Dir eine straffreie Zukunft als sehr wahrscheinlich bescheinigen. Belege sind sinnvoll und hilfreich. Ehrlichkeit kann sich dann auszahlen.
Stelle Reue dar und verniedliche keine Straftat. Wer Taten klein schreibt oder redet, wird schnell als Verharmlosender erkannt, und seine Beteuerung der Reue klingt wenig ehrlich. Allerdings gelingt dies fast ausschließlich bei Straftaten, die für die angestrebte Stelle nicht relevant sind. Bei Vorstrafen mit Relevanz werden die Chancen gegen Null tendieren. Dann ist eine Umschulung sinnvoller, als sich jahrelang erfolglos zu bewerben.